Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.Oktober 2016 den Umfang der Beweislastumkehr nach § 476 BGB ausgeweitet. Damit hat er seine Rechtsprechung nicht nur europäischem Recht angepasst, sondern vor allem auch die Rechte von Käufern und Verbrauchern gestärkt (VIII ZR 103/15).
Bisher war es so, dass der Käufer einer gebrauchten Ware beweisen musste, dass der Gegenstand schon beim Kauf den beanstandeten Mangel hatte, um seine Ansprüche aus Gewährleistung durchzusetzen. Für den Käufer ist dies häufig ein schwieriges Unterfangen, da er in der Regel auch nicht die gleiche Sachkenntnis mitbringt wie der Verkäufer. „Nach dem aktuellen Urteil des BGH hat sich Situation für den Käufer aber maßgeblich gebessert. Nun muss in vielen Fällen der Verkäufer nachweisen, dass der Käufer selbst für den Mangel, z.B. durch einen Bedienungsfehler, verantwortlich ist“, sagt Rechtsanwalt Markus Jansen, der bei der Kanzlei Jansen Schwarz & Schulte-Bromby Rechtsanwälte u.a. auch für das Vertragsrecht und Kaufrecht zuständig ist.
Zum Sachverhalt: Ein Verbraucher hatte bei einem Händler einen Gebrauchtwagen gekauft. Etwa fünf Monate später und rund 13.000 gefahrene Kilometer später machte sich ein Defekt bei der Automatik-Gangschaltung bemerkbar. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung trat der Verbraucher vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises.
Seine Klage verlief in den Vorinstanzen allerdings erfolglos. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vertrat die Auffassung, dass der Käufer nicht ausreichend bewiesen habe, dass dieser Mangel schon bei Übergabe des Autos vorgelegen habe. Dies konnte auch nicht durch einen gerichtliche bestellten Sachverständigen nachgewiesen werden. Stattdessen komme als Ursache für den Defekt auch eine Überlastung oder ein Bedienungsfehler in Betracht.
Der BGH kippte dieses Urteil jedoch und erweiterte damit den Anwendungsbereich der Beweislastumkehr nach § 476 BGB zu Gunsten der Verbraucher. § 476 besagt, dass bei einem Sachmangel, der innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache auftritt, vermutet werden kann, dass dieser Mangel schon bei der Übergabe vorlag, es sei denn diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.
Der BGH hat seine Auslegung der Beweislastumkehr nun in zweifacher Hinsicht erweitert. Anders als bisher müsse der Käufer weder den Grund für den Mangel noch den Umstand, dass dieser Mangel dem Verkäufer zuzurechnen ist, beweisen. Er müsse nur nachweisen, dass die Kaufsache nicht den üblichen Qualitäts- und Leistungsstandards entspricht, die er nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen. Außerdem kann die Vermutung zu Grunde gelegt werden, dass der Mangel zumindest schon im Ansatz beim Übergang der Kaufsache vorgelegen habe ohne dass er dies beweisen muss. Vielmehr treffe den Verkäufer die Beweislast, dass dieser Mangel bei Übergabe noch nicht vorgelegen hat.
Jens Schulte-Bromby, LL.M.